Die 24 Stunden von Le Mans 1988

"We will be back!"

Le Mans 1988

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Jaguar-Teamchef Tom Walkinshaw machte sein Versprechen auch diesmal wieder wahr und schaffte das größte Werksteam des Wochenendes heran: 5 (!) Jaguar XJR 9 LM mit 7.0 Liter V12-Motoren, bewegt von insgesamt 15 Fahrern, u. a. Jan Lammers, John Watson, Henri Pescarolo, Martin Brundle und John Nielsen. Offensichtlich wollte man es diesmal wirklich wissen.

Porsche ließ sich allerdings auch nicht lumpen und hatte 3 der bewährten 962er mit 2.9 Liter 6-Zylinder-Boxer-Turbo Motoren am Start. Porsche #17 mit Klaus Ludwig, Hans-Joachim Stuck und Derek Bell (zusammen insgesamt 10 Le Mans Siege), #18 war mit Bob Wollek, Sarel van der Merwe und Vern Schuppan auch nicht schlecht bestückt und die #19 war das Familienauto des Andretti-Clans: Mario mit Sohn Michael und Neffe John fuhren diesen Wagen. Etwas ungewohnt war die Lackierung der 3 Werkswagen, das blau-weiße Rothmanns-Design musste in diesem Jahr den Farben Gelb und Rot der Marke Shell weichen. Zudem gab es 8 private Porsche 962, darunter Teams wie Kremer und Joest, die ja auch beide wissen, wie man in Le Mans gewinnt. Das Porsche-Werksteam trat übrigens in diesem Jahr nur in Le Mans an und zeigte damit deutlich, was es vom Rest der Sportwagen-WM hielt.

Außer Porsche und Jaguar waren natürlich auch noch andere Teams am Start. Nachdem das Sauber-Mercedes Team in diesem Jahr bereits das Gruppe C-Rennen in Jerez gewonnen hatte, reiste man mit 2 Wagen und einigen Ambitionen nach Frankreich. Aber es kam alles ganz anders: Im Training platzte bei einem der Autos bei über 350 km/h einer der speziell für dieses Auto gefertigten Michelin-Reifen. Klaus Niedzwiedz brachte wie durch ein Wunder das Auto unter Kontrolle und konnte die Box ansteuern. Da dies im Laufe des Jahres bereits der 4. Reifenplatzer war, entschloss man sich nach Rücksprache mit Mercedes aus Sicherheitsgründen zum vorzeitigen Rückzug und trat noch vor Rennbeginn die Heimreise an. Die Erinnerung an die Katastrophe von 1955 war wohl bei den Mercedes-Leuten aus verständlichen Gründen noch immer präsent.

Porsche dominierte das Training und belegte souverän die ersten 3 Plätze, erst danach folgte der schnellste Jaguar. Hans Joachim Stuck knackte übrigens die 250 km/h-Schallmauer für die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Runde, seine Pole-Position-Runde von 3.15.640 Min. bedeutete eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 250,164 km/h.

Nachdem Porsche beim Start die Oberhand behielt, ging der Holländer Jan Lammers im Jaguar #2 nach 7 Runden unter dem tosenden Applaus der britischen Fans in Führung. Dieses Auto hatte aber auch den wenigsten Sprit an Bord und kam als erstes an die Box, nacheinander gefolgt von den weiteren Jaguars. Ganz anders bei Porsche: Beim 1. Stopp standen alle 3 Autos fast gleichzeitig in den Boxen, was für ein zügiges Arbeiten angesichts der engen Platzverhältnisse eher hinderlich ist. Kurze Zeit später blieb Klaus Ludwig in der #17 sogar eine Runde zu lang auf der Strecke und kam im Schneckentempo mit nur noch ein paar Benzindämpfen im Tank an die Box gekrochen. Ein ziemlich untypisches Chaos für diese Mannschaft!

Es entwickelte sich nun ein Duell, welches wir wohl so schnell nicht vergessen werden. Alleine bis Mitternacht wechselten sich die Werks-Porsche und der Jaguar #2 insgesamt 22 mal in der Führung ab.

Am Sonntagmorgen gab es dann den ersten Ausfall eines Jaguar-Werkswagens, #3 blieb mit Getriebeschaden liegen. Kurz danach erwischte es auch den Werks-Porsche #18 mit Motorschaden, es folgte Jaguar #1 mit durchgeblasener Zylinderkopfdichtung. Auch das Familienauto der Andrettis hatte einige Reparaturen und war dadurch deutlich zurückgefallen. Plötzlich legte dann auch der führende Jaguar # 2 eine Reparaturpause (Austausch der Windschutzscheibe) ein, und am dahinterliegenden Porsche #17 musste die Benzinpumpe gewechselt werden. Die Porsche-Reparatur dauerte länger, so dass die Briten bald in Führung lagen, nach 16 Stunden sogar mit satten 2 Runden Vorsprung.

4 Stunden vor Schluss fing es an zu regnen, offenbar ideales Wetter für Hans Joachim Stuck, er startete eine spektakuläre Aufholjagd am Lenkrad des Porsche #17. Bis zur Zielflagge arbeiteten sich er und Klaus Ludwig noch bis auf 1 Minute an den führenden Jaguar #2 heran, aber zu spät, letztlich war der erste Jaguar-Sieg seit 1957 perfekt. Der Jubel der zahlreichen britischen Fans kannte keine Grenzen, als die #2 die Ziellinie überquerte. Es war ein sehr schnelles Rennen, Jaguar und Porsche waren beide ein hohes Tempo gegangen und um ein Haar wurde sogar der Distanzrekord aus dem Jahr 1971 geknackt, bei den 5.332,970 gefahrenen Kilometern fehlten nur knapp 2 Kilometer.

Nach Rennende wurde rund um Strecke von den zahlreichen Briten kräftig gefeiert: "God save the Queen" ertönte auf allen Zeltplätzen. Bereits in den letzten 2 Jahren hatten wir die Erfahrung gemacht, das Briten und wir Deutsche nach Rennende friedlich gemeinsam feiern konnten, völlig egal wer gewonnen hatte. Dies war ein toller Gegensatz zu den damals üblichen Ausschreitungen in den Fußballstadien.

Eine Skurrilität am Rande des Geschehens war der Auftritt des französischen WM-Peugeot-Teams. Sie hatten 2 Autos dabei: ein 88er- und ein 87er-Modell, eigens zu dem Zweck, während des Rennens die unglaublich wichtige 400 km/h Höchstgeschwindigkeits-Marke auf der langen Hunaudieres-Geraden zu knacken. Unterstützung erhielt das Team vom Reifenhersteller Michelin, der eigens dafür Spezialreifen angefertigt hatte. Das 88er-Modell fiel allerdings schon nach 2 Stunden Rennen mit Getriebeschaden aus. Das 87er-Modell wurde daraufhin kurz danach vom Team auf maximale Geschwindigkeit getrimmt. Alle Luftöffnungen, die den Speed hätten reduzieren können, wurden zugeklebt. Das vorhersehbare Ergebnis: Das Auto erreichte zwar die Rekord-Geschwindigkeit von 405 km/h, anschließend ging allerdings sofort der Motor kaputt. Das Team räumte dann bereits nach kurzer Zeit beide Boxen und ging den "Erfolg" feiern.

Team LeMansZone 1988

  • Heiko Frieling
  • Werner Kirchmann
  • Christoph Kortmann
  • Rainer Lippke
  • Willi Meuter
  • Norbert Neugebauer
  • Rolf Sommer
  • Walter Ulm

Zeltplatz: Houx Annexe

Eintrittskarte 1988

Rennergebnis