Die 24 Stunden von Le Mans 1999

Mercedes-Flugkapitäne

Le Mans 1999

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Für das Rennen 1999 wurde das Reglement geändert und es entstand als Nachfolger der GT1-Klasse die LMGTP-Klasse. Auf den Bau eines straßenzugelassenen Exemplars konnte ab sofort verzichtet werden.

Schmerzlich vermisst wurde Vorjahressieger Porsche: Der letztjährige GT1 war mit dem neuen Reglement nicht mehr konform und so entschied der Vorstandsvorsitzende Wendelin Wiedeking, der ohnehin kein ausgewiesener Freund des Motorsports war, den Stecker zu ziehen und das Engagement von Porsche in Le Mans zu beenden. Es sollte 14 lange Jahre dauern, bis die Zuffenhausener wieder mit einem Werkswagen nach Frankreich zurückkehrten.

Toyota hatte 3 neue, dem LMGTP Reglement entsprechende GT-One aufgebaut. Die Autos waren leichter, hatten mehr Motorleistung als das Vorjahresmodell und wie sich am Rennwochenende zeigen sollte, mit gefahrenen Höchstgeschwindigkeiten von bis zu 380 km/h, das schnellste Auto im Feld. Zudem wurde Vorjahressieger Allan McNish, der ja nach dem Porsche-Rückzug verfügbar war, verpflichtet und die Japaner erschienen personell mit dem gleichen Großaufgebot wie im letzten Jahr. Das Ziel der Mission war klar: Vor dem Abschied in Richtung Formel 1 wollte man unbedingt hier gewinnen.

BMW: Die Münchener traten wieder in der LMP-Klasse an und hatten das letztjährige Modell gründlich überarbeitet. Die V-12 Motoren produzierten jetzt mehr Leistung und die im letzten Jahr so anfälligem Radlager wurden wohl auch ersetzt. Das Einsatzteam wurde ebenfalls gewechselt, statt des italienischen Rafanelli-Teams war jetzt Schnitzer Motorsport für den Einsatz der Wagen verantwortlich. Bei BMW versprach man sich vom Einsatz der beiden LMP durch den reglementbedingt etwas größeren Tank sowie der Zeitersparnis beim Fahrerwechsel (das geht bei einem offenen Prototyp deutlich schneller) weniger Standzeit in den Boxen im Vergleich zu den LMGTP-Fahrzeugen. Damit sollte man goldrichtig liegen...

Auch Mercedes wollte das letztjährige Debakel nicht auf sich sitzen lassen, man brachte diesmal gleich 3 Wagen mit und statt beim zeitgleich stattfindenden F 1-Kanada-Grand-Prix stand Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug in Le Mans an der Box. Die Vorstellung von Mercedes bei diesem Rennen wird wohl noch lange Zeit unvergessen bleiben, aber aus ganz anderen Gründen, als die Stuttgarter sich das erhofft hatten: Zuerst hob beim Training am Donnerstag das Auto mit dem Australier Mark Webber aus ungeklärter Ursache zwischen Mulsanne und Indianapoliskurve bei hoher Geschwindigkeit auf gerader Strecke ab. Der Wagen überschlug sich, der Fahrer blieb gottseidank unverletzt. Beim Warmup am Samstag passierte Webber dann exakt das gleiche Missgeschick noch einmal, worauf ihn die Zuschauer schon als "Mercedes-Flugkapitän" bezeichneten.

Die Mercedes-Ingenieure hatten schon nach dem ersten Unfall die Vermutung gehabt, dass die Bodenhaftung der Mercedes CLK nicht bei allen Gegebenheiten optimal ist. An die verbliebenen 2 Autos wurden fürs Rennen kurzerhand einige, bereits vorbereitete, Zusatzflügel angeschraubt, aber auch das sollte nicht helfen. Das Rennen war gerade 4 Stunden alt, als Peter Dumbreck mit dem Mercedes #5 bei hoher Geschwindigkeit abhob, sich einige Male in der Luft überschlug und in einem Wald abseits der Piste wieder auf den Rädern landete. Dem Fahrer passierte glücklicherweise nichts und wie durch ein Wunder wurden auch keine Zuschauer oder Streckenposten verletzt. Nach diesen drei Überschlägen zog Norbert Haug nun endlich die Konsequenzen und nahm das letzte verbliebene Auto aus dem Rennen. Über die Ursache dieser Unfälle wurde nichts publiziert, am wahrscheinlichsten aber scheint es ein Designfehler im Bereich der Aerodynamik gewesen zu sein.

Neu im Konzert der Werksteams war die Audi-Truppe. Da man sich in Ingolstadt wohl nicht sicher war, ob das Konzept der offenen Prototypen oder das der geschlossenen LMGTP das Bessere war, brachte man vorsichtshalber in beiden Klassen je 2 Autos an den Start. Die Fans waren sich recht schnell einig: Neben dem Toyota GT-One war der geschlossene Audi R8C das schönste Auto im Feld. Durch den Audi-Einsatz fand übrigens auch Reinhold Joest, der nach dem Porsche-Rückzug wieder einmal ohne Fahrzeuge da stand, einen neuen Job. Die Ingolstädter beauftragten ihn mit dem Einsatz der beiden R8R-Prototypen, das "Audi Sport Team Joest" war geboren.

"American Le Mans Series" - Der amerikanische Teamchef und Geschäftsmann Don Panoz zeigte sich vom Geist des LM-Rennens dermaßen überzeugt, dass er in den U.S.A. eine Serie ins Leben rief, in der die Autos nach dem Regelwerk des A.C.O. starten. Ein erstes 1000-km-Rennen fand bereits 1998 in Road Atlanta statt und die Veranstalter in Le Mans garantierten dem Siegerwagen einen Startplatz beim diesjährigen Rennen. Eine Folge dieser neuen US-Serie war auch ein verstärktes US-Engagement in Le Mans: etliche Teams reisten aus den U.S.A. an, viele mit dem dort beliebten Ferrari 333SP.

Das Rennen begann mit dem erwarteten Dreikampf zwischen Toyota, Mercedes und BMW. Nach dem Rückzug des letzten Mercedes zu Beginn des Rennes führte Toyota, aber auch in diesem Jahr waren die Renngötter nicht auf Seiten der Japaner. Zuerst platzte am Toyota #1 auf der Hunnaudieres-Geraden ein Reifen. Aufgrund der schweren Folgeschäden gelang es Martin Brundle nicht, den Wagen bis an die Box zurück zu bringen. Noch schlimmer erwischte es Toyota #2, als Thierry Boutsen bei Tertre Rouge einen schweren Unfall hatte und mit angebrochenem Rückenwirbel aus dem Fahrzeug geborgen werden musste.

Am Sonntagmorgen zogen die BMW-Prototypen unaufhaltsam dem verbliebenen Toyota #3 davon. Die BMW waren zwar etwas langsamer als der GT-One, aber aufgrund des Reglements brauchte man seltener zum Tanken an die Boxen kommen. Mittags führte der BMW #17 vor BMW #15 und Toyota #3, als plötzlich der führende Wagen aufgrund eines Defektes in den schnellen Porschekurven verunfallte und danach aus dem Rennen war. Der nunmehr zweitplazierte Toyota mit Ukyo Katayama am Steuer schöpfte Hoffnung und startete eine spektakuläre Aufholjagd, fuhr Rundenrekord um Rundenrekord und hätte den BMW # 15 wohl noch eingeholt, aber wieder schlug das Schicksal zu: 45 Minuten vor Schluss ereilte #3 ein Reifenplatzer. Katayama brachte den Wagen zwar unter Kontrolle und auch wieder zurück an die Box, aber die Chance auf den Sieg war dahin.

Zum ersten Mal konnte sich somit BMW in die Siegerliste der 24 Stunden eintragen. Das Team hatte das Rennen eigentlich schon Monate vor dem Start gewonnen, als man sich entschied, statt eines geschlossenen LMGTP einen offenen LMP einzusetzen (wie oben beschrieben). Der siegreiche Wagen verbrachte als Folge davon während des gesamten Rennens gerade mal 33 Minuten in der Box, der zweitplatzierte Toyota mit über 47 Minuten deutlich mehr. BMW-Pilot Yannik Dalmas war jetzt bereits zum 4. Mal in Le Mans erfolgreich, übrigens erzielte er jeden seiner Erfolge in einem anderen Auto mit einem anderen Team.

Beachtlich war die Vorstellung von Audi: Die beiden bildschönen Coupés waren zwar ausgefallen, aber mit den offenen Prototypen belegt man die Plätze 3 und 4. Das ist für einen Le Mans-Neuling ein hervorragendes Ergebnis und lässt für die Zukunft hoffen.

Der eindeutige negative Höhepunkt des Wochenendes war aber der Diebstahl unseres Generators vom Zeltplatz. Möge er seinem neuen "Besitzer" um die Ohren fliegen!

Team LeMansZone 1999

  • Diddy Born
  • Reinhard Brügger
  • Ihno Goldenstein
  • Michael Kirsch
  • Andreas Lörzer

Eintrittskarte 1999

Rennergebnis